Der Fischereihafen und die FBG Bremerhaven werden 125 Jahre alt
Ein Markenzeichen weit über Deutschlands Grenzen hinaus
Bremerhavens größtes zusammenhängendes Gewerbe- und Industriegebiet feiert Geburtstag. Vor 125 Jahren – am 1. November 1896 – hat der Fischereihafen offiziell seinen Betrieb aufgenommen. Mit rund 400 Betrieben und 9.000 Beschäftigten ist das Areal heute einer der wichtigsten Unternehmensstandorte Bremerhavens und zugleich Spiegelbild entscheidender Entwicklungen in der Stadt. „Mit seiner Bandbreite von der traditionellen Fischwirtschaft über die moderne Lebensmittelindustrie bis hin zum innovativen Maschinenbau und zukunftsorientierten Forschungsinstituten ist der Fischereihafen beispielhaft für die Leistungsfähigkeit Bremerhavens“, betont Oberbürgermeister Melf Grantz, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der FBG Bremerhaven ist. Die FBG ist die Fischereihafen-Betriebsgesellschaft, sie wird ebenfalls 125 Jahre alt.
Der Bau des Fischereihafens I in der damals preußischen Stadt Geestemünde – heute ein Stadtteil Bremerhavens – war auch aus heutiger Perspektive eine entscheidende Weichenstellung für den Wirtschaftsraum an der Unterweser. Zwar kam das Königreich Preußen etwas spät mit dem Projekt – Bremen hatte schon Jahre zuvor einen Fischumschlag am heutigen Alten Hafen eingerichtet. Aber der neue Hafen verfügte mit seinen Liegeplätzen für insgesamt 15 Schiffe über ein großes Potenzial. Seinem Bau folgte der Eisenbahnanschluss für die preußischen Gemeinden und für das in ihrer Mitte liegende bremische Bremerhaven; rund um die Betriebe des Fischfangs und der Fischverarbeitung siedelten sich schnell Unternehmen des Schiff- und Maschinenbaus an. „Bis heute ist der Fischereihafen ein bedeutender Impulsgeber weit über Bremerhaven hinaus, mit all seinen Betrieben, den Stahl verarbeitenden Unternehmen, der Fisch verarbeitenden Industrie und dann die großen und international anerkannten wissenschaftlichen Einrichtungen, die sich hier angesiedelt haben“, sagt Bremens Senatorin für Wissenschaft und Häfen, Dr. Claudia Schilling. Ihr Ressort ist für den Fischereihafen verantwortlich, der zum Sondervermögen des Landes Bremen gehört und von der FBG gemanagt wird.
Die Entwicklung des Fischereihafens vollzog sich zeitweise in großen Sprüngen. Im Laufe weniger Jahre siedelten sich dort elf Reedereien mit 39 Fischdampfern an; elf Fischgroßhandlungen etablierten sich hier; Fischmehlfabriken und das Eiswerk folgten dem Boom. Doch nicht immer lief die Entwicklung ganz glatt. Der in den ersten Jahren noch nicht von der Weser und Geeste getrennte Hafen verschlickte mit der Zeit; das schrittweise ausgebaute Hafenbecken erreichte vergleichsweise schnell die Grenzen des Wachstums. Erst mit dem Bau der Fischereihafen-Doppelschleuse und des Fischereihafens II in den 1920er und 1930er konnte der Hafen wieder an seine ursprüngliche Wachstums- und Erfolgsgeschichte anknüpfen.
Seit 125 Jahren ist die FBG Bremerhaven untrennbar mit der im Ergebnis überzeugend positiven Entwicklung des Fischereihafens verbunden. Im Ursprung nahm die FBG in der Rechtsform einer von zwölf Reedern und Fischgroßhändlern gegründeten Genossenschaft die Verwaltung des Fischereihafens im Auftrag Preußens wahr. Neben der Verantwortung für das Gebiet gegenüber dem Land Preußen als Eigentümer war die FBG für die Fischauktionen und das Löschen der Fischdampfer zuständig. Das blieb viele Jahrzehnte so, auch nachdem das Land Bremen 1947 den Fischereihafen in sein Eigentum übernommen hatte und die FBG zur landeseigenen Gesellschaft wurde.
Gewandelt hat sich in all den Jahren das Selbstverständnis der Fischereihafen-Betriebsgesellschaft. Die FBG verwaltet den Fischereihafen Bremerhaven im Auftrag und Interesse des Eigentümers, dem Land Bremen. Die ihr übertragenen Aufgaben definiert sie dabei sehr umfassend: „Wir verstehen uns in erster Linie als Dienstleister der hier ansässigen Wirtschaft, die die Grundlagen für das unternehmerische Handeln schafft und weiterentwickelt“, erläutert FBG-Geschäftsführerin Petra Neykov. Die Versorgung der Unternehmen mit Strom und Wasser; der Erhalt und der Ausbau der Infrastruktur; die Instandhaltung, Sanierung und Pflege des zum großen Teil historischen Gebäudebestandes sowie das Errichten neuer Hallen- und Bürogebäude für die Unternehmen; die Weiterentwicklung des Gebietes und seiner Attraktivität für die Wirtschaft; die Schaffung neuer touristischer Attraktionen – all dies bestimmt den Alltag der FBG mit einem Ziel: die Zukunft des Fischereihafens genauso erfolgreich zu gestalten wie in den vergangenen 125 Jahren.
Dass der Hafen und die FBG jetzt ihr Jubiläum (im Corona-bedingt kleinen Maßstab) feiern dürfen, kann nicht darüber hinwegtäuschen: Der einst größte Fischereihafen des Kontinents gab wiederholt auch Anlass zu großer Sorge. Als Island und die skandinavischen Länder in den 1970er Jahren ihre Hoheitsgewässer auf eine 200-Meilen-Zone ausweiteten, waren die bis dahin goldenen Jahre der Fischwirtschaft abrupt beendet und die große Zeit der deutschen Hochseefischerei endgültig Geschichte. Eine ähnliche Entwicklung wiederholte sich rund um den Schiffbau als zweitem Standbein des Fischereihafens. Mehrere Werftenkrisen hintereinander kosteten Tausende von industriellen Arbeitsplätzen.
Aber bislang wurde jede Krise von der Wirtschaft und dank der tatkräftigen Unterstützung des Landes Bremen und der Stadt Bremerhaven gemeistert. „Das zeigt zuverlässig, dass wir auf die Resilienz und Kraft des Fischereihafens auch in der Zukunft vertrauen können“, sind sich Schilling, Grantz und Neykov einig. Die Zukunft der Stadt hat im Fischereihafen längst begonnen: Die Thünen-Institute für Seefischerei und für Fischereiökologie, das DLR-Institut für den Schutz maritimer Infrastrukturen, das IWES Fraunhofer mit seinen Großprüfständen für die Windkraftindustrie und natürlich das Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung liefern wesentliche Impulse für ökologische und ökonomische Entwicklungen weit über das Stadtgebiet hinaus. Ähnliches leisten zahlreiche Unternehmen im Fischereihafen mit ihren Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, die von der nachhaltigen Lebensmittelproduktion bis zur hoch spezialisierten Medizintechnik bis zur Biotechnologie und innovativen Verfahren im Schiff- und Maschinenbau reichen.
Ist angesichts dieser Trends der Name „Fischereihafen“ eigentlich noch der richtige Name für das 465 Hektar große Gewerbegebiet? Ja doch, denn tatsächlich werden hier pro Jahr rund 200.000 Tonnen Fisch und damit etwa die Hälfte des Verbrauches in Deutschland zu hochwertigen Meeresdelikatessen verarbeitet. So ist der Fischereihafen Bremerhaven nach wie vor einer der größten fischverarbeitenden Standort Europas. 125 Jahre nach seiner Inbetriebnahme ist die Bezeichnung Fischereihafen deshalb weit mehr als ein tradierter Begriff, ist Petra Neykov überzeugt: „Es ist ein Markenzeichen für ganz Bremerhaven.“ Dieses Markenzeichen gewinnt zunehmend an Sichtbarkeit und Bedeutung: Mit dem Schaufenster Fischereihafen und seinen Einrichtungen trägt der Fischereihafen wesentlich zur touristischen Anziehungskraft der Seestadt bei.
Das 125jährige Jubiläum wird gefördert mit Mitteln aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds der Europäischen Union (EMFF).
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